Sowohl die Glas-, Chemie- als auch die Stahlindustrie betonten, dass die enormen Energiekosten ihre Produktionsstandorte gefährden. Christiane Nelles (Glasindustrie) hob hervor, dass für die Branche eine vollständige Elektrifizierung nicht möglich ist, da einige Prozesse zwingend auf Flammenverbrennung angewiesen sind. Daher sei eine wettbewerbsfähige Versorgung mit klimaneutralem Wasserstoff entscheidend. Ähnlich argumentierte Ferdinand Rammrath (Covestro), der für die chemische Industrie ebenfalls eine sichere und planbare Energieversorgung als essenziell bezeichnete. Zudem verwies er auf den intensiven Wettbewerb mit China, wo Produktionskosten durch niedrigere Energiepreise wesentlich geringer seien.
Auch Olaf Hähnel (Swiss Steel Group) machte auf die paradoxe Situation aufmerksam, dass trotz energieeffizienterer Produktionsmethoden in Elektro-Lichtbogenöfen die hohen Netzentgelte für energieintensive Prozesse zusätzliche Kosten verursachen. Diese Belastung sei umso schwerwiegender, da sein Unternehmen bereits eine emissionsärmere Technologie nutze, aber dennoch durch die aktuellen Marktbedingungen wirtschaftlich unter Druck gerät.
Während sich alle Panelisten über die Notwendigkeit stabiler und wettbewerbsfähiger Energiekosten einig waren, unterschieden sich die Ansichten zu den geeigneten Lösungswegen. Max Dieringer (FlexPower) argumentierte aus Sicht eines Stromhändlers, dass eine direkte staatliche Preisregulierung langfristig nicht zielführend sei. Stattdessen sei es notwendig, Anreize zur Flexibilisierung der Netznutzung zu setzen, um Lastverschiebungen in günstigere Zeiträume zu ermöglichen. Julia Metz (Agora Industry) verwies darauf, dass kurzfristige Preisreduzierungen nicht genügen. Vielmehr brauche es eine grundlegende Reform der Förderstrukturen, um langfristige Investitionen in klimafreundliche Technologien zu ermöglichen. Ähnlich fordert es auch Julian Fieres (ZF) - die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nicht allein durch kurzfristige Subventionen gesichert werden kann, sondern langfristige Investitionen in Innovationen wie Wasserstofftechnologien und Batterien entscheidend sind. Eine rein kurzfristige Marktintervention ohne strategische Kapitalflüsse in nachhaltige Technologien würde lediglich bestehende Probleme überdecken, anstatt sie strukturell zu lösen.
Insgesamt verdeutlichte die Diskussion, dass es für die energieintensive Industrie nicht nur um kurzfristige Kostenentlastung geht, sondern um eine nachhaltige Strategie, die sowohl Planungssicherheit als auch technologische Flexibilität gewährleistet.
Die Diskussion zeigte nicht nur Probleme auf, sondern auch mögliche Lösungsansätze. Julia Metz von Agora Industrie forderte eine langfristige Strategie für klimaneutrale Investitionen. Planungssicherheit sei der entscheidende Faktor für Unternehmen, um neue Technologien einzusetzen. Zudem müsse sich die Förderung von Dekarbonisierungsmaßnahmen an der Realität industrieller Prozesse orientieren.
Ein weiteres zentrales Thema war die Technologieoffenheit. Während in Deutschland einige Ansätze, wie Carbon Capture and Storage (CCS), lange Zeit skeptisch betrachtet wurden, setze man international bereits erfolgreich darauf. Ferdinand Rammrath plädierte dafür, solche Optionen nicht von vornherein auszuschließen, sondern offen mit neuen Ansätzen umzugehen. Auch Olaf Hähnel sprach sich für einen pragmatischeren Umgang mit Energiequellen aus. Statt LNG-Importe als Notlösung zu nutzen, müsse Deutschland verstärkt auf eigene Ressourcen und einen beschleunigten Infrastrukturausbau setzen.
Um die Industrie in Deutschland wettbewerbsfähig zu halten, wurden mehrere Reformen diskutiert:
Flexibilisierung der Netzentgelte, um Lastspitzen besser auszugleichen und energieintensive Unternehmen zu entlasten.
Technologieoffenheit, um den Unternehmen mehr Spielraum für innovative Lösungen zu geben.
Planungssicherheit, insbesondere durch eine verlässliche langfristige Finanzierungsstrategie.
Internationale Wettbewerbsfähigkeit, indem steuerliche und regulatorische Nachteile gegenüber anderen Märkten beseitigt werden.
Pragmatischer Umgang mit Wasserstoff-Technologien, um eine schnellere Skalierung zu ermöglichen.
Schneller Netzausbau, um langfristig eine stabile und günstige Energieversorgung zu gewährleisten.
Ein Blick in die Zukunft offenbarte unterschiedliche Einschätzungen. Während einige Panelisten optimistisch waren, dass Deutschland den Wandel stemmen könne, äußerten andere deutliche Zweifel. Ferdinand Rammrath warnte davor, dass ohne kurzfristige Entlastungen viele Industriebetriebe in den nächsten Jahren verschwinden könnten.
Julia Metz betonte die Bedeutung internationaler Entwicklungen. Während Deutschland um seine Marktposition kämpft, investieren andere Länder massiv in klimaneutrale Industrien. Ohne eine klare Strategie drohe Deutschland, technologisch und wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten.
Die Diskussion machte eines unmissverständlich klar: Die Industrie kann und will ihren Beitrag zur Energiewende leisten. Doch ohne die richtigen politischen Rahmenbedingungen und ein entschlosseneres Handeln droht Deutschland, den Anschluss an die internationalen Märkte zu verlieren. Jetzt ist der Moment, um Weichen zu stellen – nicht nur für die Energieversorgung, sondern für die Zukunft der gesamten Industrie.